Der Schweizer Strommix:
Niedriger CO2-Ausstoss im EU-Vergleich

Die Energiewende ist im vollen Gange. Jedes Jahr werden immer mehr Photovoltaikanlagen und Batteriespeicher im ganzen Land installiert. Die Schweizer CO2-Werte sind im Vergleich zu den angrenzenden Ländern niedrig. Doch noch immer plagt die Schweizer Strominsel das Energieloch im Winter. Die Produktion aus Erneuerbaren Energien reicht nicht aus, um ganz ohne Stromeinkauf aus dem Ausland auszukommen. Und was wir dort einkaufen, ist oft alles andere als grüner Strom.

Im Sommer ist die Schweiz stromautark. Neben Solar- und Windenergie sorgen Wasserkraftwerke für eine gute CO2-Ökobilanz mit einem stets hohen Anteil Erneuerbarer Energien – auch im Winter. Doch schauen wir uns das alles mal genauer an.

Natur sei Dank: Wasser im Überfluss

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Schweiz durch ihre viele Wasserkraft von Natur aus einen hohen Anteil Erneuerbarer Energien. In den 70er Jahren kamen fast 90% der Stromproduktion aus der Wasserkraft. Die 677 Wasserkraftzentralen produzierten im Jahr 2020 durchschnittlich 36,7 Terawattstunden Strom. Der Mix kommt zu 48,7% aus Laufwasserkraftwerken, 47% aus Speicherkraftwerken und 4,3% aus Pumpspeicherkraftwerken. 63% des Stroms stammt aus den Bergkantonen Uri, Graubünden, Tessin und Wallis. [1]

Speicherkraftwerke leiten Wasser aus den höher gelegenen Stauseen bei Bedarf durch Turbinen ins Tal und erzeugen dabei Strom. Diese Kraft ist im Sommer durch Regen stärker verfügbar.  Auch an Flüssen mangelt es in der Schweiz nicht. Hier leiten Laufwasserkraftwerke das durch Wehre gestaute Wasser in Turbinen und erzeugen damit Öko-Strom.

Pumpspeicherkraftwerke können im Sommer gut aus überschüssiger Solar- oder Windenergie betrieben werden, doch im Winter müssen die Speicher leider oft aus anderen Quellen versorgt werden. Auch dienen sie oft als Energieüberschussausgleich bei Überproduktion aus Kernkraftwerken. Weil die Energie zum Hochpumpen des Wassers aus verschiedenen Energiequellen stammt, zählen Pumpspeicherkraftwerke nicht zu den Erneuerbaren Energien.

Die Schattenseite: Regen, Nebel, Schnee

Grüne Alpen, grüne Täler – sie ist so herrlich grün, die liebe Schweiz. Wasser macht dies möglich. Doch das viele Wasser muss irgendwo herkommen. Somit verhindern Regen, Nebel und Schnee an weniger schönen Tagen die Energiegewinnung aus Solaranlagen – insbesondere im Winter, wenn die Tage kürzer und die Sonneneinstrahlwinkel flacher werden, verringert sich die Solarproduktion. Liegt dann noch Schnee auf den Dächern, geht gar nichts mehr. Dies ist generell ein Problem der Erneuerbarer Energie: Sie ist nicht konstant verfügbar, sondern wetterbedingt.

Die Windenergie verhält sich da etwas anders. Sie ist im Winter generell stärker, und schlechtes Wetter ist meistens mit mehr Wind verbunden. Mit fast 60 Windkraftanlagen, darunter sieben grosse Windparks, produzierte die Schweiz 2020 etwa 87 MWh und deckten damit aber nur 0,2% des Schweizer Strombedarfs. [3]

Geballte Kraft der Spaltung

Die zweite grosse Energiequelle der Schweiz ist die Atomkraft, wobei hier nicht nur Uran gespalten wird, sondern auch die Meinungen der Mitbürger dabei stark auseinander gehen. Der Ausstieg aus der Kernenergie ist auf jeden Fall seit dem 25.05.2011 beschlossene Sache und der letzte Reaktor soll 2034 vom Netz gehen. Mit der Inbetriebnahme der Schweizer Kernkraftwerke seit 1969 sank der Anteil an Wasserkraftenergie bis 1985 auf 60% und lag 2020 bei 58% [5]. Wie diese jährlichen 870’000 MWh (2020) der vier Schweizer Kernkraftwerke ohne diese produziert werden sollen, ist noch nicht wirklich geklärt.

Import und Export: Ein Mischmasch aus Energie

Betrachten wir uns ein ganzes Jahr im Schweizer Strommix. Deutlich zu erkennen ist der rapide Anstieg fossiler Energie in den kalten Monaten. Da die Schweiz nur ganz wenige kleine konventionelle Kraftwerke (Zementbrennwerk, Abfallverbrennung etc.) mit einer verschwindend geringen Produktionsleistung besitzt, muss diese Energie woanders herkommen: aus dem Europäischen Ausland.

Der Grund ist, dass im Winter der Verbrauch steigt. Die eigen produzierte Energie der Schweiz reicht jedoch nicht aus – man redet vom sogenannten «Winterstromloch». Also wird Strom aus den Nachbarländern Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich importiert. Die importierte Energie entspricht dem jeweiligen Strommix des Landes genau zu jenem Zeitpunkt. Da der Anteil fossiler Energiegewinnung über Kohle- oder Gaskraftwerke im EU-Raum sehr viel höher ist, importiert die Schweiz indirekt diese CO2-belastete Energie. Im gleichen Atemzug exportiert die Schweiz auch ihren Strommix, der CO2-freier ist als der Importstrom. Man könnte sich fragen, warum das überhaupt gemacht wird. Die Antwort lautet: Auf diese Art und Weise werden gegenseitig die Netze stabil gehalten, Überschüsse verteilt und erhöhte Bedarfslöcher (wie z.B. das Schweizer Winterstromloch) gestopft.

Sommer und Winter: Zwei Extreme im Strommix

Klar ist, dass wir im Sommer weniger Energie verbrauchen als im Winter, ebenso verbrauchen wir in der Nacht weniger als am Tag. So ergeben sich zwei exemplarische Tagesabläufe und vier Strommixbilder. Betrachtet man sie genauer, erkennt man zwei sehr verschiedene Verhältnisse in den Stromzusammensetzungen.

Einen minutenaktuellen Schweizer Strommix finden Sie unter: www.aliunid.com/strommix/

Klar zu erkennen ist, dass die Solarenergie im Sommer ausreichend vorhanden ist und im Winter fast gegen Null geht. Auch hier wird deutlich der Import fossiler Energie aus dem ausländischen Strommix sichtbar. In unserer exemplarischen Winternacht steigt der fossile Anteil sogar bis auf fast 20% an und ist neben dem Hauptlieferant Atomkraft (38%) die zweitgrösste Energiequelle. Und dieser CO2-lastige Strom wird auch noch teuer eingekauft. [4]

Schlussfolgerung: Was lernen wir daraus?

Energiesparen im Winter, wo es nur geht! Hierbei kann die Abschaltung energieverbrauchender und in Wintermonaten überflüssiger Batteriespeicher einen Beitrag leisten (siehe Artikel «Salzbatterie-Winterschlaf: Mehr CO2-freier Strom in der kalten Jahreszeit»). Aber auch Beleuchtungssysteme oder Strassenlampen, die die ganze Nacht hindurch brennen, sollten nicht mehr zur Energieverschwendung beitragen. Es gibt so Vieles, das nachts unnötig vor sich hin verbraucht. Jeder einzelne ist hier gefragt und kann seinen persönlichen Beitrag leisten den teuren fossilen CO2-belasteten Stromimport aus dem Ausland ein wenig zu reduzieren.